

ADHS - Kritische Wissenschaft und therapeutische Kunst Herausgeber: Helmut Bonney
272 Seiten
Carl-Auer-Verlag, 2008
ISBN 978-3-89670-630-0
Preis: 24,95 Euro
Für viele Eltern (und Erzieher) ist ADHS eine Diagnose, die bisher nur wenig Möglichkeiten für eine angemessene Behandlung bot. Meistens wurde den Kindern Ritalin o.ä. verordnet, häufig in Kombination mit einer psychologischen Therapie. Manchmal gab es aber auch nur das Rezept für eine Ergotherapie.
Inzwischen ist die Wissenschaft mit ihren Forschungen einen Schritt weiter und es gibt Erkenntnisse, die zeigen das es auch anders geht. Man geht nun davon aus, dass es keine eindeutig feststellbare neurobiologische oder neurochemische Ursache für ADHS gibt.
Doch welche Hilfen gibt es für die betroffenen Kinder heute?
Mit diesem Buch wurde endlich mit dem Vorurteil aufgeräumt, dass nur Medikamente eine Verbesserung der Situation herbeiführen können. Es ist in diesem Zusammenhang sehr verwunderlich, dass in bestimmten Landesteilen unserer Republik Jungen wegen ADHS-Symptomen viel häufiger mit Arzneien behandelt werden als Mädchen.
Die Fachleute aus den Gebieten Neurobiologie, Genetik, und Epigenetik, Pädagogik und Psychotherapie sichten den gegenwärtigen Stand der ADHS-Forschung und zeigen in ihren Artikeln, welche Möglichkeiten (auch durch eine bessere Sachinformation der Eltern) es heutzutage gibt.
Als Alternative zur Medikation kann die systemische Therapie gesehen werden. Helmut Bonney zieht in seinem Schlusskapitel "Neue Behandlungspfade" ein interessantes Resümee aus den Einzelbeiträgen und stellt ein systematisches Konzept der Theorie und Praxis zur Behandlung bei ADHS-Konstellationen vor, das die nun bekannten Ergebnisse der biopsychosozialen Forschungen integriert.
Inhaltsverzeichnis:
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Vorwort
Einleitung: 150 Jahre Aufmerksamkeit – zehn Jahre ADHS
von H. Bonney
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I.
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Behandlungskonzepte und Arzneien
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1.
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ADHS: Ungelöstes Puzzle, biopsychosoziales Interaktionsphänomen oder Mozart-Edison-Syndrom
von Hannes Brandau
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2.
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AD(H)S: Scheinbare Klarheit steigert die Verwirrung.
Diskussionsbeitrag zu Daten, Denkmodellen, Hilfen
von Hans von Lüpke
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3.
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Aspekte der Behandlung von ADHS-Kindern.
Versorgungsforschung auf der Basis von Krankenkassendaten
von Gerd Glaeske und Edda Würdemann
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II.
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Neurobiologie
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1.
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Dopaminerges System, exekutive Frontalhirnfunktionen und die Wirkung von Psychostimulanzien bei Kindern und Jugendlichen mit ADS-Symptomatik
von Gerald Hüther
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2.
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Zur morphogenen Wirkung von Transmittern und Psychostimulanzien in der Gehirnentwicklung bei ADHS-Betroffenen
von Thorsten Grund, Andrea Schäfers und Gertraud Teuchert-Noodt
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3.
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Neurobiologische Überlegungen zur Erklärung der ADHS-Entwicklung und der klinischen Nützlichkeit der systemischen Therapie
von Helmut Bonney
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III.
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Pädagogik
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1.
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Signale deuten – Beziehung anbieten – Aktionsräume erweitern
von Karl Gebauer
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2.
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Alles ADS? – Erfahrungen in der Erziehungsberatung
von Helga Rühling
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IV.
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Psychotherapie
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1.
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Warum sich Jungen so gerne bewegen – oder:
Bewegungsunruhe – ein archaisches Reaktionsmuster bei Jungen? Wandlung einer Symptombeschreibung
von Hans Hopf
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2.
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Training von Aufmerksamkeit und Impulskontrolle:
Ein Baustein der multimodalen Behandlung von Grundschulkindern mit ADHS. Pilotstudie zur Prüfung der Anwendungseffekte einer Non-go-Lernsoftware
von Helmut Bonney und Joachim Rosenkranz
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V.
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Ausblick in die Zukunft
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Neue Behandlungspfade
von Helmut Bonney
Über die Autoren
Über den Herausgeber
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"Kein Kind wird mit ADHS geboren." schreibt Helmut Bonney. "In systemischer Sicht darf vermutet werden, dass die Entwicklung einer ADHS-Konstellation im Zuge der rekursiven Interaktionen zwischen den individuellen Voraussetzungen des Kindes und seinen Erfahrungen in der Familie und der weiteren Umwelt entsteht."
Darum ist es nur logisch, dass eine intensive therapeutische Arbeit mit den Kindern, ihren Familien (Eltern u. Großeltern) und ihrer Umwelt (Schule, Kindergarten), bei der auch die pädagogische Kompetenz der Eltern gestärkt wird, eine nicht zu unterschätzende Wirkung hat.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass im Rahmen des therapeutischen Konzeptes von Bonney u.a. das PC-Spiel "TAIL" zum Training von Aufmerksamkeit und Impulskontrolle eingesetzt wird. Es basiert auf der Erfahrung, dass Kinder ihren spezifischen Lernfortschritt, den sie beim Spielen erzielen, auf den Alltag zu Hause und in der Schule übertragen.
Die 272 Seiten dieses Buches sind es wert, von Pädagogen und Therapeuten intensiv gelesen zu werden. Die neuen und interessanten Informationen über den Stand der ADHS-Forschung geben auch konkrete Hilfen für den praktischen Alltag und für die Gespräche mit den Eltern.
Fazit: Da wir heute immer mehr Kinder mit der Diagnose ADHS in den Schulen und Kindergärten haben, ist dieses Buch für alle Pädagogen eine Pflichtlektüre: Über die neuesten Forschungen von ADHS sollte jeder Bescheid wissen. Nur so können wir Kindern und Eltern angemessen helfen.
Dr. med. Helmut Bonney, Arzt für Kinderheilkunde und für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Systemischer Familientherapeut (SG). Sozialpsychiatrische Privatpraxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Leiter des Systemischen Seminars Heidelberg. Publikationen zu Lösungswegen in der ambulanten Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie zu ADHS-Fragestellungen: "Neues vom Zappelphilipp" (zus. mit G. Hüther, 8. Aufl. 2007), "Kinder- und Jugendliche in der familientherapeutischen Praxis" (2., überarb. und ergänzte Aufl. in Vorb.), "TAIL" (Lernsoftware zum Training von Aufmerksamkeit und Impulskontrolle als Lernspiel, 2006). Kontinuierliche Vortrags- und Weiterbildungstätigkeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz.


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